A volte anche la lingua non va d’accordo con i denti
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Jene, welche in den vergangenen Jahren meine Reisen in den Süden des Kontinents verfolgt haben, wissen es: Sie beginnen in der Regel mit einem Flug. Selbiger nötigt mich tragischerweise immer wieder in diese vermaledeite Stadt in der nordöstlichen Sandbüchse der Republik, Ihr wisst das schon, das unaussprechliche B-Wort. Und eben weil die Dinge diesbezüglich keinen Hoffnungsschimmer zeitigen, keinen Trost bereithalten und keine Linderung erwarten lassen, umgehe ich es in tief empfundenen Mitgefühl für meine Mitmenschen, weitere Worte darüber zu verlieren.
Den Blick frei geradeaus gerichtet, das minimalistische Säckel geschnürt und auf den Rücken gelastet verlasse in aller Herrgottsfrühe des letzten Novembertages die vorübergehende Heimstatt eines lieben Freundes und nutze das um diese Uhrzeit noch jungfräulich unbescholtene und deshalb jeglicher Dysfunktionalitäten bare Verkehrnetz der öffentlichen Transportmittel dieser „Metropole“. Welch eine Wonne!
Flugs durch die vorgebuchte Sicherheitskontrolle, frischauf die knapp zehn bis fünfzehn Kilometer unansehnlich-geistloser Funktionsarchitektur bis zum Abflug-Gate durchschritten und nach einer lässlichen Wartezeit pünktlich zum sich hinter den Wolken verbergenden Aufgang der Sonne bei fünf Grad unter dem Gefrierpunkt in die Aluminiumröhre mit angeflanschten Tragflächen gestiegen. Dort weht mir der akustische Wind der Sehnsuchtsferne am Eingang mit einem freundlichen Lächeln entgegen. Den reservierten Platz gerade erst eingenommen habend, setzt das Technikwunder auch schon wieder auf einer Teerpiste auf.
Diesmal nicht wie gewohnt im südöstlich der italienischen Hauptstadt gelegenen aeroporto Ciampino, sondern in selbigem an der südwestlich befindlichen Ortschaft Fiumicino. Damit ist das Thyrrenischen Meer um 26 Kilometer näher herangerückt, denn die parallel zur Küste verlaufende, fast vier Kilometer lange Start- und Landebahn 16R/34L liegt nur ca. einen Kilometer vom Wasser entfernt.
Auch hier soll gleich bejahend und dabei doch nur rein beschreibend erwähnt werden, dass die germanische Bau-Tristesse sich in den Gefilden jenseits der Alpen schnell vergisst, wenn man durch lichtdurchflutete Empfangshallen wandeln darf und unaufdringlich, jedoch mit robuster Selbstgewissheit von Zeugnissen antiker Kultur empfangen wird.
Meine teutonisch sozialisierte Ich-Hälfte strickt daraus sogleich den abwertenden Satz (welcher einem nativen Bewohner des Lazio vermutlich vollkommen fern liegt): „Sieh her, germanischer Barbar, als die Euren noch mit Fellumhängen angtan in dichten Wäldern nach Nahrung Ausschau hielten, fröhnten wir bereits seit Generationen in beheizten Thermen, deren Wände vielfarbige Malerleien zierten, den Errungenschaften einer weitgediehen Zivilisation.“
Wie weiter?
Entschleunigung der besonderen Art wartete vor den Toren des Flughafens auf mich. Anders als sonst sollte es nämlich nicht per pedes auf der Via Appia Antica in Richtung Innenstadt Rom gehen, sondern in das viel weiter mittagswärts gelegene Pompei. Zwar hätte diese Überwindung der Distanz auch mittels Regionalzug vonstatten gehen können, jedoch stellte sich im direkten Preisvergleich die Anmietung eines Personenkraftwagens in toto als ungleich kostenverträglicher heraus. Außerdem war bei genauerer Inaugenscheinnahme der örtlichen, potentiell sehenswerten Gegebenheiten schnell auszumachen, dass das Besuchen bestimmter Punkte des Interesses ohne eine autonome Transportage nur schwerlich würde realisiert werden können.
Das im virtuellen Raum, dennoch real abgeschlossene, vorübergehende Überlassungsgeschäft eines Kraftfahrzeuges bestach durch einen erstaunlich geringen Preis, inklusive einer Voll-Abdeckung jeglicher denkbaren Selbsteteiligungen.
Mich entspannt zum angegebenen Ausgang 5 des Terminals 1 begeben haben, harrte ich eine geschlagene Stunde auf den zugesagten Abholdienst meiner gebuchten Mietwagenfirma. Erst ein dritter Anruf klärte mich in meinem Irrtum auf: Der Flughafen verfügt über mehrere Abfahrtsebenen. Die von mir angenommen einzige, die untere, ließ aber keinen Einblick in darüberliegende Stockwerke zu. Und so erreichte ich das Firmengelände, vom Vermieter völlig unverschuldet, deutlich später als geplant. Die dort unabsehbar zu führenden, harten Verhandlungen bezüglich einer „unbedingt notwendigen“ Dienstleistungsgebühr für eine sogenannte „road assistance“ führten letztendlich zwar zu einer Kostenreduktion von 40%, zögerten die Abfahrt aber nochmal um eine weitere Stunde hinaus. Dazu sei Folgendes erläutert: Der nackte Mietpreis von von 21,– Euro für acht Tage kann, dass sollte jedem einigermaßen klar sein, für den Vermieter in keinem Fall einen großartigen Ertag abwerfen. Die weiteren 50,– € für den Selbstbeteiligungsausschluss gehen abzüglich einer Vermittlungsprovision für den Vermietungs-Broker an die beiteiligte Versicherungsgesellschaft, sind also vollständig Ertragskontenneutral für den Vermieter. Verständlicherweise versucht dieser (davor wird übrigens ausdrücklich in den Vertragsunterlagen gewarnt), zusätzliche Einnahmequellen zu generieren, in diesem Falle durch das forcierte Anbieten einer Dienstleistung zur unkomplizierten und unmittelbaren Hilfe bei unerwarteten Vorfällen.
Meine telefonische Rückfrage an den ADAC (übrigens unter Zuhilfenahme einer erstaunlich disfunktionablen Hotline), ob entsprechend mögliche Unpässlichkeiten von meiner Plus-Mietgliedschaft abgedeckt wären, würde zudem bestätigt. Nichts desto trotz und des lieben Friedens willen, entrichtete ich nochmal 60,– Euro mehr. Realistischerweise sei hinzugefügt, dass eine reguläre, achttägige Kleinwagenmiete mit uneingeschränkter Vollkaskoversicherung und null Euro Selbstbeteiligung eher mit 300,– denn mit 130,– Euro anzusetzen wäre. Insofern darf hier von einer beiderseitigen Satisfaktion gesprochen werden.
Mmd. Google hingegen verweigerte sich renitent (und möglicherweise durch transzendente Kräft geleitet) meinem Versuch, die mautfreie Küstenstraße nach Pompei nehmen zu wollen. Zielgenau navigierte sie mich auf die autostrada A1 Milano – Napoli und ich ergab mich ohne Murren und widerstandslos ihrem Ansinnen. Man weiß ja nie…
Keine 100 Kilometer später erinnerte ich mich, ausgelöst durch ein Anschlussstellen-Schild, eines fernen Vorhabens: Wollte ich doch einst, inspiriert durch einige Instagram-Postings, der kleinen Stadt Anagni (Karte) einen Besuch abstatten, um dort die farbreichen und wundervollen Fresken der Krypta der örtlichen Kathedrale zu bestaunen.
Schon das oberirdische, romanische Bauwerk, errichtet an der Schwelle vom elften zum zwölften Jahrhundert sucht auf dem europäischen Kontinent seinesgleichen. Noch unglaublicher aber sollte die Ausgestaltung der unterirdischen Räumlichenkeiten sein, weshalb dieser Abstecher trotz einsetzender Dunkelheit fraglos eingefügt wurde. Und wie wurde ich belohnt! Das puppige, kleine Bergstädtchen, herumgeschmiegt um einen schon beachtlichen Hügel und umsäumt von noch viel eindrucksvolleren solchen, krönt sich selber auf höchstem Punkt mit einem Gotteshaus, welchen von außen durch eine geradezu enttäuschende Schlichtheit besticht, hinter seiner Fassade jedoch mit architektonischen Preziosen aufwarten kann. Als ausgesprochen sensibel darf dabei die Entscheidung festgestellt werden, den Innenraum mit durchsichtigen Plexiglassitzen und dünnem Stahlgestell zu bestuhlen. Als wenn der Raum unbestuhlt wäre, bietet sich einem der unverstellte Blick auf das Innere der Kirche.
Gegen einen moderaten Obulus kann man darüberhinaus einen musealen Rundgang durch angrenzende Nebengebäude vornehmen, um schließlich in die Tiefen des Berges hinabgeführt zu werden. Dabei durchläuft man zunächst ein sogenanntes Mithräum, quasi eine unterirdische Vorgänger-Kirche mit auch schon hervorragend erhaltenen und restaurierten Wandmalerien. Um in den eigentlichen Bereich der Krypta zu kommen, muss man auf die jede halbe Stunde für zehn Minuten stattfindende Illumination des Kathedralen-Kellers warten. Das, was sich einem dann aber darbietet ist tatsächlich die Reise wert. Aufwändige Darstellungen von Szenen der Bibel- ud Kirchengeschichte zieren jeden Quadratzentimeter der Wände, Decken und Nischen über die gesamte Grundfläche. Darüberhinaus steht der Betrachter auf einem fein ziselierten Marmor-Mosaikboden.
Nach ausgiebiger, fotografischer Dokumentation sollte es dann verzugslos weitergehen in Richtung der Stadt zwischen ruhendem Vulkan und wildem Meer. Und dann kam er, der Peinlichkeitsmoment des Tages, nein eigentlich des Jahres. Während die Kraftstoff-Füllstandsanzeige unverändert auf „voll“ verweilte (kein Wunder, bei einem durchschnittlichen Momentanverbrauch von drei bis vier Litern auf einhundert Kilometern Fahrstrecke), besorgte mich die Batteriestandsanzeige auf der gesamten Fahrt vorher schon ein wenig: Stetig sinkend, hatte sie bei Erreichen des Sehenswürdigenkeiten-Zwischenzieles das untere Viertel knapp unterschritten. Dreimal kontrollierte ich deswegen nach dem Parken des Fahrzeuges, ob das Licht auch korrekt ausgeschaltet wäre.
Technische Probleme der anderen Art
Bei der Losfahrt hatte dieser Wert die Grenze von zwanzig Prozent erreicht und im Weiterfahren verringerte sich der LED-Streifen penetrant noch weiter. Wissend, dass ein bezinbetriebenes Auto für seinen ordnungsgemäßen Betrieb auf eine gesund geladene Batterie angewiesen wäre, beschloss ich, vor erneutem Befahren der Autobahn an einer Tankstelle Halt zu machen und erstmalig die gebuchte „road assistance“ zu aktivieren. Diese war auch problemlos zu erreichen, mir wurde jedoch mitgeteilt, dass die des Englischen sprachmächtige Person gerade nicht anwesen sei und mich umgehend zurückrufen würde.
Zeit genug, um mich mit der Betriebsanleitung des Gefährtes vertraut zu machen. Es dauerte dann auch nicht lange, dass ich belustig und beschämt feststellte, in einem Hybrid-Fahrzeug zu sitzen, sich die „Batterieanzeige“ also als Ladestandanzeige des Antriebs-Akkumulators herausstellte, welche offenbar einem ganz eigenwilligen Algorithmus folgte und trotz steter Autobahnfahrt (nein, Robbi, NICHT zügiger, Du weißt, ich cruise gerne!) durchaus sich nicht gezwungen sah, zu laden. Der sofortige, meinerseitige Rückruf und die von mir in stockendem zwar, aber offenkundig verständlichem Italienisch ausgeführte technische Erläuterung und Entwarnung, entlockte der Dame am anderen Ende eine belustigte Erleichterung. Vor einer Weiterfahrt steuerte ich dann aber doch noch einen Supermarkt an, um erstens eine deutlich verspätete, ambulante Mittagsmahlzeit und zweitens alimentari für die nächsten Tage zu erwerben. Dann ging es zurück auf die Piste.
Pünktlich zur Tagesschau erreichte ich dann letztendlich wohlbehalten mein Ziel. Ich wurde trotz meiner exorbitanten Verspätung schon freundlich erwartet, konnte mein Domizil, eine einfache, aber sehr zweckmäßige und saubere Wohnung inmitten eines locker bebauten, heimischen Wohngebietes beziehen und fiel nach der Installation meiner selbst in einen tiefen und gerechten Schlaf.