Ein Mann und eine Frau sitzen Hand in Hand vor einem Werk von Piet Mondrian

The Assessment

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Ein Mann und eine Frau sitzen Hand in Hand vor einem Werk von Piet Mondrian
Abb.: Aquarell von Mia und Aaryan vor einem abstrakten Glasfenster (Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min

„Wer ein reiches und volles Los seiner Tage begehrt und sich nicht bescheidet mit rechtem Maß ist ein Blinder! Ich will es ihm deuten in meinem Gesang mit Klarheit. Denn manch finsteres Wetter türmt um das altersgebleichte Haupt unheilschwanger sich aus!
Es schöpft niemals lautere Freude wer zu heiß das Leben liebt; er kennt nicht den letzten Tröster. Während Moira steigt aus Hades’ Nächten ohne Brautlied, Tanz und Leier, naht der Tod uns, heilend alle Trübsal!
Nicht geboren zu sein, o Mensch, ist das höchste, das größte Wort. Doch wofern du das Licht erblickst, acht’ als Bestes dahinzugehn wieder, von wannen du kamst, im Flugschritt!“
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Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967

Niki de Saint Phalle

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967
Abb.: Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967 (Grundlagenfoto: Wikimedia Commons, Jack de Nijs für Anefo, CC0)

Lesezeit: ca. 7 min

Warum tun Menschen Dinge?
„Lustige Frage!“, vermeint der Autor derselben quasi aus den Off zu hören, noch bevor er irgendwelche spekulativen Erwiderungen auf sein sprichwörtliches, digitales Papier gebracht hat.
Natürlich kann dieses so formulierte Wissensbegehr weder erschöpfend und schon gar nicht abschließend befriedigt werden. Aber es gibt natürlich einen bisher nicht enthüllten Hintergrund, der diese Exploration begründet.
Schränken wir dieses Forschen mal ein, indem wir den Rahmen scheinbar über Gebühr erweitern: Warum leben Menschen ihr Leben so, wie sie es leben?

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Giard Turm und Hudson River der Sing Sing Haftanstalt, New York/USA

Sing Sing

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Giard Turm und Hudson River der Sing Sing Haftanstalt, New York/USA
Wachturm der Sing Sing Haftanstalt am Hudson River , New York/USA (Originalfoto: WMC, User Acroterion, CC BY-SA 4.0, nachbearbeitet SAB)

Lesezeit: ca. 7 min

Es ist schon ein wenig länger her, dass ich einen abendfüllenden Spielfilm anschaute, der mich zu Tränen gerührt hat. Gestern war es wieder einmal soweit. Nach einem geradezu horrorfilm-geschwängerten Sneak-Preview-Jahr 2024 ist meine Erwartung – ja, trotz allem bringe auch ich diese immer mehr oder weniger mit in die entsprechenden Vorstellungen – an das cineastische Geschehen der Montagabende deutlich verhaltener, gedämpfter, zurückhaltender. Erst der vorherige solche Termin eine Woche zuvor endete für mich wieder einmal schon nach zehn Minuten. Filmgenres sind ja wie vieles andere auch Gott sein Dank Geschmackssache und ich habe irgendwann einmal beschlossen, mir meinen Kopf und mein Herz nicht mit Grausen und Blutorgien vollmüllen zu lassen.

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POMPEI 03|23

Un oggi è meglio di dieci domani.

Ein Amphorismus sozusagen… (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 20 min

Is’ bezahlt, muss jetzt auch gegessen werden. Was macht man mit einem Jahresticket in einer Woche? Richtig, man nutzt es aus! Aber abgesehen von diesem sehr vulgär-ökonomischen Impuls, trieb mich die Neugier und Freude immer wieder auf die circa zweiundachtzig Hektar große Fläche der antiken Stadt Pompeji. Nachdem ich mir beim ersten Besuch neben einigen, markanten Hightlights vor allem einen groben Überblick verschafft hatte, war mein Ansinnen im Weiteren vor allem, in den Geist dieser verschütteten Stadt und seiner ehemaligen Bewohner einzutauchen.

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POMPEI 02|23

La fretta e il bene, non stanno mai insieme.

Der Blick auf den erhabenen Vesuv (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min + ca. 60 min Video

Neuer Tag, neue Stadt, neues Glück. Die Sonne scheint und das Thermometer zeigt schon um neun Uhr Freude verheißende achtzehn Grad Celsius an. Ein reichlich gefüllter Kühlschrank lockt mich mit seinem vielfältigen Angebot zu einem Frühstück. Interessanterweise unterscheidet sich der von mir am Vortage erworbene Inhalt nur unwesentlich von der üblicherweise zuhause vorfindbaren Produktauswahl. Irgendwann in der Vergangenheit habe ich von einer meiner Rom-Reisen das nahrhafte und nachgewiesenermaßen gesunde Spektrum an südeuropäischen Esswaren in den heimischen Haushalt importiert und dort fest etabliert. Seitdem gehört ein solider Querschnitt der fraglosen Standards der italienischen Küche fest zu meinem eigenen Nahrungsmittel-Repertoire.

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POMPEI 01|23

A volte anche la lingua non va d’accordo con i denti

La basilica cattedrale di Santa maria Annunziata (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min

Jene, welche in den vergangenen Jahren meine Reisen in den Süden des Kontinents verfolgt haben, wissen es: Sie beginnen in der Regel mit einem Flug. Selbiger nötigt mich tragischerweise immer wieder in diese vermaledeite Stadt in der nordöstlichen Sandbüchse der Republik, Ihr wisst das schon, das unaussprechliche B-Wort. Und eben weil die Dinge diesbezüglich keinen Hoffnungsschimmer zeitigen, keinen Trost bereithalten und keine Linderung erwarten lassen, umgehe ich es in tief empfundenen Mitgefühl für meine Mitmenschen, weitere Worte darüber zu verlieren.

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Gropiusstadtblick (Foto: Colin Smith, WMC, CC BY-SA 2.0)

Sonne und Beton

Gedanken zu einem Spielfilm

Gropiusstadtblick (Foto: Colin Smith, WMC, CC BY-SA 2.0)
Der Blick über den ehemaligen Grenzstreifen in Richtung Berlin-Gropiusstadt (Foto: Colin Smith, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: ca. 10 min

„Warum keine normale Filmkritik?“, wird sich der Eine oder die Andere fragen. Sneak-Previews fordern diese Textgattung doch geradezu heraus. Und selbstverständlich werde ich im Zuge der folgenden Absätze etwas zur Entstehung, den Eckdaten und der Qualität dieses abendfüllenden Filmes zum Besten geben. Der spezielle Inhalt des Werkes, seine handelnden Personen und vor allem der Ort des Geschehens fordert jedoch viel mehr heraus, als das Abhaken einer Checkliste von Eigenschaften und dem Beschreiben eines Plots. Dazu ist diese tonunterlegte Bewegtbildschau viel zu berührend, viel zu verstörend, und, ja, viel zu überwältigend.

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ROM 05|21

De pulcritudine

Die Galleria Borghese (Aquarell von Sarah A. Besic, basierend auf: Krzysztof Golik, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 20 min

Insel der Seligen, Hort des Glanzvollen, Oase der Brillanz. Ein Ortsbeschreibung, die bestimmt auf viele Ecken in dieser faszinierenden Stadt zutreffen mag. Als das Äußere wie auch das Innere von Bauwerken oder deren betagten Fragmenten, als bildliche Zeugnisse künstlerischen Schaffens, flächig oder räumlich realisiert, oder als weihevolle Hinterlassenschaften besonderer Ereignisse oder Menschen, von winzig klein bis übermächtig groß, begegnet einem in dieser geschichtsträchtigen Stadt unaufzählbar Vieles, was ein der Anmut und Grazie zugängliches Herz höher schlagen lässt oder einen kunsthistorisch interessierten Geist anzuregen vermag. Aber wie aus diesen Worten schon hervorgeht: Diese Aufforderung zur Aneignung von Welt ist ein Prozess, an dessen einem Ende etwas Objekthaftes darauf wartet, wahrgenommen zu werden, während am gegenteiligen Pol ein Jemand dieses Tun veranlassen und zumindest eine Weile aufrecht erhalten muss.

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ROM 04|21

De auctoritate

Der Römische Senat in Aktion. Fresko „Cicero klagt Catilina an“ von Ceasare Maccare, 1889 (Palazzo Madama, Turin; Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Es gibt da so ein Sprichtwort, welches sich, frei wiedergegeben, darauf bezieht, dass ein Mensch in jungen Jahren das ausgleichendere Moment der communitas mehr in den Vordergrund stellte, während in der zweiten Hälfte des Lebens die politische Ausrichtung gegenüber der Gesellschaft eher geprägt wäre von der Bevorratung und dem Erhalt bürgerlicher Segnungen. Ein angenommener Übergang kämperischen Gestaltens zur rechtfertigenden Bewahrung quasi. Gerne wird diese Vermutung durch Bezugnahme zu existierenden politischen Parteien illustriert. Die Erfahrung vergangenen Austausches darüber ließ mich zu dem Schluss kommen, dass ich recht alleine dastehe mit der Ansicht, dass einerseits weder die eindimensional-polarisierende, für die teiweise hochkomplexen Problemfelder unserer Zeit völlig überholte und damit gänzlich ungeeignete parteipolitische Verortung angemessen sei. Andererseits wirkte dieses grobschlächtige Zuordnen in eine von zwei möglichen Schubladen auf mich nicht nur bemüht, sondern schlicht weg falsch.

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ROM 03|21

De motu

Orbikon unterwegs mit Wein-Amphoren nach Gaza auf einer römischen Straße 2 (Foto: The Israel Museum; alle Rechte vorbehalten)

Der erste Advent, heißt es, ist in den Westkirchen seit Kurzem der Anfang des Kirchenjahres. Der Renitenz Humberts und Michaels haben wir es zu verdanken, dass das in der orthodoxen Tradition anders gesehen wird, aber sei’s drum… Auf jeden Fall erfüllte sich die wunderbare Prophezeihung und an diesem denkwürdigen XXVIII. NOVEMBRIS (für die Transalpinii: ᚢᚹ Windmond) stand ein begeisterter Reisender auf dem Boden der antiken Tatsachen. Die anderen Menschen in der Herberge waren ebenfalls schon bei Sonnenaufgang aufgestanden, gemeinsam saß man in der Küche und nahm je nach Geschmack und Wellenschlag das colazione ein. Danach wurde der Sack mit Wegzehrung bestückt und umgehängt. Es galt, einen vorbestellten Fahruntersatz abzuholen. Die Inspiration vom vor-vorherigen Jahr wirkte in ihrer starken Überzeugungskraft wohl noch deutlich nach.

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