Archiv für den Monat: Mai 2012

Appellativ, zerstoben, unbequem, herausfordernd

Die zweite Aufführung Hans Werner Henzes dritter Festmusik „An den Wind“ zum Pfingstgottesdienst in der Thomaskirche zu Leipzig

Pfingsten, nach einer Abbildung aus dem Rabbula-Evangeliar
Pfingsten, entfremdet nach einer Abbildung aus dem Rabbula-Evangeliar

1. Schmerz
Die wohlen Klänge von des gefeiertem Kantors hilfsbereitem Geist hängen noch zwischen den Achtkant-Säulen des Kirchenhauses, die Gemeinde hat gerade eben der aramäischen Emanation des universalen Prinzips Lob bezeugt, als auch schon die Gehörgänge zu spät gewahr werden, dass eine Schall-Phalanx sich unaufhaltsam in harmoniegewohnte und unvorbereitete Hirnareale des repräsentationalen Selbst hineinbohrt.

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Urheberrecht, ich will Dir fressen

Wie die informationelle Zukunft zum Spielball von Partikularinteressen wird

Das 1958 vom Schimpansen „Congo“ gemalte Bild ist nicht Gegenstand der Urheberrechtsdebatte, da per definitionem gemeinfrei

Der gestrige Tag bot einen weiteren Höhepunkt in der multidimensionalen Urheberrechtsdebatte. Nur scheinbar bewegt sich die Meinungsbildung auf einer polarisierenden Linie zwischen „Abschaffen“ und „X-Strikes“.

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Die Mär von der Netzneutralität

Ist die wertneutrale Datenübertragung im Internet nur Makulatur?

In dem gestrig erschienenen Artikel bei netzpolitik.org

http://bit.ly/Mir2ea

wird an Hand eines hilfreichen Tools des Max-Plank-Institutes für Software-Systeme, welches jeder für sich selber ausprobieren kann

http://broadband.mpi-sws.org/transparency/

und dem darauf basierend von Forschern der Syracuse University und der Technischen Universität Delft nachgewiesen, dass Netzneutralität schon jetzt nur ein hohles Versprechen der Internet-Infrastruktur-Industrie ist. In Deutschland hebt sich, im negativen Sinne, besonders Kabel Deutschland durch massive Eingriffe hervor.

Das Beunruhigende daran ist, dass die technische Realisation einer bewussten Bevorzugung bzw. Benachteiligung bestimmter Web-Dienste stets im Zusammenhang steht mit der sog. Deep-Packet-Inspection, also dem inhaltlichen Auswerten des übertragenen Datenverkehrs. Sofort stellt sich da die Frage nach der Rechtmäßigkeit. Eine Arbeitsgruppe der Universität Kassel hat dazu ein Projektpapier verfasst.

Vorratsdatenspeicherung und EU-Richtliniennotstand

Wieso sollen wir eigentlich unsere Privatsphäre über Bord werfen?

(CC-BY-NC-ND)

Das Bedenklichste an diesem brachialen Ansinnen unserer Regierung ist eigentlich, dass

Dieser „Gesetzes-Pingback“, der immer öfter in der Politik Anwendung findet, beruht darauf, dass national unattraktive Gesetze unter der Ladentheke und von hinten als Europagesetze durchgepeitscht werden – meist ohne großes Publikum und daher diskursfrei, um sich anschließend bequem auf Selbige beziehen zu können.

Hier wäre es, in Erweiterung des Begriffes des „Befehlsnotstandes“ sicherlich nützlich, den Begriff des „EU-Richtliniennotstandes“ einzuführen. Dieser müsste jedoch zusätzlich beinhalten, dass derjenige, welcher sich auf das Dilemma dieses Notstandes beruft, eben diesen Notstand mindestens billigend in Kauf nehmend ausgelöst hat.

Auch hier sollten wir uns schnellstmöglich und sachverhaltsübergreifend zunächst einmal die alles entscheidende Frage stellen, wie wir in 20, 30 Jahren leben wollen. Soll also Europarecht in zunhemendem Umfang das nationale Recht in seiner hierarchischen Gültigkeit brechen können? Wollen wir tatsächlich den realitätsfernen EU-Kommissaren, -Kommissionen  und -Gremien die Geschicke unseres Landes komplett übergeben, oder wäre es nicht sinnvoller, im Sinne einer dezidierten Stimmrechts-Delegation bestimmte Themen unserer nationalen Legislative zu überlassen?

Feigen nach Lyon, Eulen nach Athen

Wolltet Ihr schon immer mal wissen, auf welcher Strecke man im alten Rom am besten 200 kg Feigen von Turin nach Lyon transportiert? Und vor allem: Was das kostet?

Eine Forschungsgruppe der Stanford-University, CA/USA um den Historiker Walter Scheidel hat ein Tool geschaffen, mit dem eben diese Berechnungsarbeit DV-gestützt vorgenommen werden kann. Zwar kommt dieses Werkzeug etwa 2.000 Jahre zu spät, und es ist anzunehmen, dass einschlägige Personen zu damaliger Zeit diese Aufgabe, aus reichlicher Erfahrung gespeist und von einem erinnerungsfähigen Hirn unterstützt vornahmen, aber es ist beruhigend, zu erleben, dass wir das heute zumindest theoretisch schneller können. Einzig lokale und temporäre Unwägbarkeiten sind in dem Algorithmus nicht berücksichtigt, und genau das könnte auch heute noch teuer zu stehen bekommen.

Scheidel, Walter; Meeks, Elijah: ORBIS: The Stanford Geospatial Network Model of the Roman World. Stanford University, CA/USA. http://orbis.stanford.edu abgerufen am 21.05.2012

Die Revolution der Maschinen

…oder wie uns immer deutlicher wird, dass wir unseres eigenes Glückes Schmied sein sollten.

Kawasaki-Industrieroboter
Kawasaki-Industrieroboter (Wikipedia, User Harriv, CC-BY-SA 3.0 Unported)

Dazu der Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

http://bit.ly/JHLbuY

In eine ähnliche Stoßrichtung geht das folgende, sehr lesenwerte Buch:

Dueck, Gunter: AUFBRECHEN! Warum wir eine Exzellenzgesellschaft werden müssen. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main, 2010. (Bei Amazon gebraucht ab 1,– EUR)

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Die erträgliche Leichtigkeit des Seins

Wie ein lange herbeigesehntes Sonntags-Frühstück im Schoße von Mutter Natur den eigenen Betriebsmodus grundlegend ändert.

Eine Wiese, ein Waldrand und blauer Himmel
Die wunderbare Perspektive eines Picknicks

Weitläufige Horizonte mit einer gewissen Trennschärfe sind eine gute Voraussetzung dafür, sich dem Alltag als entfernt zu fühlen. Das Auge, im Staunen über die Herausforderung, sich richtungslos in der Weite des Raumes verlieren zu können, dankt es seinem User mit unmittelbarer Entspannung. Der scheinbare Fokus auf einen Punkt in der Unendlichkeit lässt zwei Perspektiven parallel versöhnt nebeneinander bestehen. Der Hörsinn, stets Lautstärken oberhalb der Zerstreuungs-Demarkationslinie gewöhnt, regelt sich verwirrt auf den Gräuschpegel der Flügelschläge von Insekten herunter und macht damit den Weg frei, nach innen zu lauschen.

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