bautafel in ostia antica

ROM 02|21

Ex oblivione

Bauinschrift am Theater von Ostia Antica, 196 n. Chr., Marmor 1 (Foto: User Meditatus, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Zweiter Tag. Alle konsumptiven Gelüste scheinen bereits befriedigt. Bereits am ersten Abend. Mit dem Kauf einer Arbeitshose nordamerikanischer Machart aus Denim, mit Baumwolle aus Brasilien, produziert in Italien von einer französischen Firma. Way cool! Wenn alles so einfach wäre. Hat eigentlich einmal jemand gegengerechnet, wieviel die Umweltschutz-Wiedergutmachungs-Zertifikate kosten würden, die man in diesem Zusammenhang erwerben müsste, um den diesbezüglichen, ökologischen Fußabdruck real zu kompensieren? Nein, wahrscheinlich nicht. Oder doch, ja, auf jeden Fall. Aber die Frage bliebe vermutlich unbeantwortet im Raum hängen, ob diese virtuellen Bereinigungs-Bescheinigungen in dieser manifesten Welt auch tatsächlich irgendetwas Positives und Konstruktives bewirkten (außer freilich, irgendjemandem die ohnehin schon vollen Taschen auf obszöne Art und Weise weiter zu füllen…). In diesem Zusammenhang gab es Zeiten, wo zumindest der Transport von Waren um ein Beträchtliches umweltverträglicher war als dies heute der Fall ist.

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Figurenfries mit Pilgern

ROM 01|21

Ad Romam

Figurenfries mit Pilgern auf dem Weg nach Rom am rechten Glockenturm des Doms von Fidenza, 12. Jh. (Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Ein Traum wies den Weg… – und die Zeit. Im Jahre 2020, es muss so im ausgehenden Herbst gewesen sein, die Menschen versicherten sich aufs Neue der gegenseitigen Rücksichtnahme durch Vereinzelung, Rückzug und asketischem Verzicht, als mir ein ungewöhnlich klarer und leichtens erinnerter Traum eine lange währende und kraftvolle Hoffnung vermittelte: Meine nächste Reise in die Ewige Stadt fände exakt dann statt, wenn der erste Advent auf einen 28. November fiele. Während mir das Festhalten von nächtlich-fantastischen Episoden im Gedächtnis über das Aufwachen hinaus üblicherweise schnelle Besinnung und ablenkungsarme Konzentration einfordert, gelang es mir in jener Nacht ohne Schwierigkeiten, die Übereinstimmung der beiden terminlichen Informationen in die Wachwelt hinüberzuretten. Kaum, dass ich am Morgen die Augen offen hatte, überprüfte ich im digitalen Kalender meines kleinen, dienstbaren, elektronischen Fast-Alles-Könners, wann diese nächtens bekanntgegebene Prophezeiung eintreffen würde.

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Vom Gießen des Zitronenbaums

Filmkritik zu einer palästinensischen Komödie

Die namengebende Nebensächlichkeit des Films, der Zitronenbaum (Foto: Hans Braxmeier, Pixabay, gemeinfrei)

Lesezeit: 7 min | kaum Spoiling

Was kann Film, genauer: Spielfilm? Diese Frage ist eigentlich eine Überforderung bezüglich einer Suche nach einer erschöpfenden Antwort. Der Schaffensanspruch dieses Mediums kann genauso vielfältig daherkommen, wie die tatsächliche Auswirkung auf den- oder diejenige, die ihn wahrnimmt, aufnimmt, mitnimmt.

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Harriet Tubman

Harriet – Der Weg in die Freiheit

Filmkritik zur Sneak-Preview eines politisch hochaktuellen Historiendramas

Die historische Harriet Tubman (Original-Foto: Horatio Seymour Squyer, 1885, gemeinfrei)

Lesezeit: 9 min | Spoiling irrelevant

Gerade eben haben einschneidende und weltweit weitgehend im Gleichtakt verhängte Maßnahmen zur Eindämmung einer Gefahrenlage die Menschen allerorten hochgeschreckt. Die einen, weil solcherart Freiheitseinschränkungen nicht einmal mehr entfernt zum gedanklichen Repertoire einer anzunehmenden Lebensrealität gehören. Die anderen, weil ihre ohnehin schon begrenzten Freiheiten unter dem Deckmantel der Notwendigkeit noch schamloser beschnitten werden konnten.

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1917

Filmkritik zur Sneak-Preview eines Kriegsfilmes von Sam Mendes

Britischer Soldat im Schützengraben während der Schlacht an der Somme, 1916 (Foto: John W. Brooke, gemeinfrei)

Wir haben sie alle schon gesehen, oder zumindest von ihnen gehört: Namen wie „Im Westen nichts Neues“, „Die Brücke am Quai“, „Apocalypse now“, oder „Full Metal Jacket“. Highlights der Filmgeschichte, die sich dem Thema ’Krieg‘ widmen, ihn von allen möglichen Seiten beleuchten und versuchen, einen schmalen Blick der Sichtbarkeit auf das Unvorstellbare zu werfen. Die Perspektiven sind dabei so vielfältig, dass sie hier gar nicht vollständig aufgeführt werden können.

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Gebet an das Jahr MMXX

Heilsame Reflektion für einen fruchtbaren Neubeginn

Mittelalterliche Buchmalerei eines Mannes mit einem Ochsen beim Pflügen
Bildausschnitt: Mann mit Ochse beim Pflügen (Wikimedia Commons, Rochester Bestiary, Folio 37v, 13. Jh., British Library, Royal MS 12 F XIII, gemeinfrei)

Am Ende eines vergangenen und am Anfang eines neuen Jahres ist es eine schöne Tradition, sich einander Glückwünsche zu senden, das hinter einem Liegende loszulassen und die Kräfte zu sammeln für das Bevorstehende. Warum denn nicht in einem Gebet all dies zusammenfassen?

Du schreckst davor zurück, weil Du keiner Kirche angehörst? Das soll kein Hindernis sein! Schließlich ist diese Textform an nichts Institutionelles gebunden. Ein Gebet ist erstmal nur ein Gebet. Kein kirchliches Bekenntnis, keine Zugehörigkeits-Offenbarung – nur eine Kontemplation. Nachdenkend, bittend, verdeutlichend, fragend.

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ROM 06|19

Mit dem Radl zum Seppi

Mit Pferd und Karren unterwegs (Foto: Wikimedia Commons, Relief-Ausschnitt der Trajanssäule/Rom, gemeinfrei)

Das hatte ich schon lange einmal vor: Ein gänzlich anderes Verkehrsmittel zu benutzen im Zentrum des Römischen Reiches. Stellen wir uns kurz einmal vor, wir hätten gerade das Jahr DCCCLXXII A U C (872 ad urbe condita, lat. seit Gründung der Stadt; gemeint ist das Alte Rom natürlich). Nach unserer Zeitrechnung befinden wir uns also 119 Sommer nach der Geburt dieses aramäischen Zimmermannssohnes und Wanderpredigers. Und es soll noch geschlagene 1900 Umrundungen der Erde um die Sonne dauern, bis im entfernten Lutetia ein mächtiger Großbrandt den Dachstuhl eines Tempels zu Ehren eben dieses Mannes fast vollständig zerstört.

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ROM 05|19

Untergründe, Abgründe

Die sprichwörtlichen Scherben, die sich gerne zeigen, wenn man im Untergrund sucht (Foto: Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Wenn man sich Untergründen, fremden wie auch eigenen, zuwendet, öffnen sich dadurch mitunter in Folge auch Abgründe. Diesbetreffs bedarf es dabei nicht zwingend einer willentlichen Bewusstheit, diese jedoch vorangestellt, erleichtert das Unterfangen ungemein.

Die Kontrolle über Richtung, Tiefe und Geschwindigkeit des Voranschreitens in besagte Anderwelten ist erwünschterweise dem oder der Entdecker(in) vorzubehalten, wenngleich dies durchaus nicht immer gewährleistet werden kann. Ein unwillkürliches Entgleiten der haltenden Zügel ruft regelmäßig Erstaunen, Erschrecken oder sogar Entsetzen hervor.

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ROM 04|19

Zwischen Warten und Verweilen

Die Lateranbasilika, ein Nebendarsteller des Tages (Foto: Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Wenn einer eine Reise tut, dann… – ja, was eigentlich dann?
Dann passieren vor allem erstmal viele Dinge. Begebenheiten ereignen sich, Begegnungen finden statt, Wahrnehmungen finden Raum, Assoziationen werden vorgenommem und Einstellungen werden hinterfragt und erfahren Änderungen und Verhaltensweisen werden angepasst.

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ROM 03|19

Von Achsen und Blöcken

Das morgendliche Pilger-Panorama (Foto: Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Abermals kündete der Ruf von Tieren vom Beginn eines neuen Tages. Die zuvor schon gewürdigten Alexandersittiche krakeelten fröhlich im Baum gegenüber meines Zimmers und flatterten durch das regennasse Blattwerk. Der Geruch von Kiefernharz mischte sich mit Blumenduft und zog durch die feuchtwarme Luft zum meiner Nachtstatt.

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